Die Produzenten der Starchefs

Bianchi & die Felchen: ein rich­tig guter Fang

Die Brüder Zimmermann zie­hen die Felchen aus dem Zugersee, Bianchi lie­fert, Smolinsky kocht. Die Felchen-Repo.

7. Juni 2020
Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Petri Heil. Walchwil, 4 Uhr mor­gens: Motorengeräusche durch­bre­chen die dunk­le Stille, zwei Fischerboote glei­ten zügig auf den Zugersee. Arthur und Theo Zimmermann müs­sen ihre Netze mit den gefan­ge­nen Felchen ein­ho­len. Heute sind sie nicht allei­ne. Gregor Smolinsky, 16-Punkte-Chef in der «Sihlhalde» in Gattikon, und Luca Bianchi, Co-Geschäftsführer beim Delikatessenhändler Bianchi, dür­fen bei Arthur mit aufs Boot. Trotz zusätz­li­chem Gewicht wird nicht lan­ge erklärt, hier hat man einen Job zu erle­di­gen. Mit Speed geht’s ab auf den See, ein paar Möwen beglei­ten die Boote wie Flieger-Patrouillen. Die Brüder hal­ten nach ihren Bojen Ausschau, die die Netze mar­kie­ren. Theo ver­schwin­det nach kur­zer Zeit in der Dunkelheit.

Jeden Morgen um halb 5 Uhr fährt Arthur Zimmermann auf den Zugersee. Ausser am Sonntag.
Die Netze wer­den am Vorabend aus­ge­wor­fen und am frü­hen Morgen wie­der eingezogen.

Keine gros­se Hilfe. Arthur hat den Anfang gefun­den und zieht das Netz ein. Die Felchen haben sich in den fei­nen Kunstfasern ver­hed­dert. Der Fischer befreit sie, um sie dann mit einem geziel­ten Schlag auf die Bootskante zu töten. Bei grös­se­ren Exemplaren gibt’s ab und zu auch mal mit dem Knüppel «eins auf die Rübe». So gehts Schlag auf Schlag, im wahr­sten Sinne des Wortes. Die Kisten fül­len sich. 17 Kilo oder rund 70 Fische pas­sen da rein. «Smoly» und Luca Bianchi schau­en fas­zi­niert zu. «Wir waren ver­mut­lich mehr im Weg, als dass wir hel­fen konn­ten», sagt Smolinsky. «Beim letz­ten Netz durf­ten wir uns aber nütz­lich machen.»

Mit dem Fischer-Boot geht es von der Insel Clare raus zur Lachszucht.
Am Ende der Tour darf Chef Gregor «Smoly» Smolinsky doch noch ein biss­chen helfen.

Eine Überraschung im Netz. Auch bei Bruder Theo auf dem Boot läufts rund. «2020 ist eine gute Saison», sagt der 71-Jährige. Die Fische, die den Brüdern ins Netz gehen, sind etwa zwei bis drei Jahre alt. Was noch zu klein ist, bleibt gar nicht erst im Nylon-Geflecht hän­gen. Auch Beifang ist hier kein Thema. «Ich habe noch kei­nen Delfin raus­ge­zo­gen», scherzt Theo. Dafür ist dem Fischer an die­sem Morgen ein Hecht ins Netz gegan­gen. Ein abso­lu­ter Glücksfall!

Hinschauen, woher die Produkte kom­men: Luca Bianchi und Gregor Smolinsky wol­len es genau­er wissen.
Die Rolle, um Netz und Fisch aus dem Wasser zu zie­hen, hat Theo Zimmermann erfunden.
Ein Netz ist etwa 90 Meter lang. Es gibt kei­ne Garantie, ob und wie vie­le Fische sich dar­in verfangen.
Ein guter Tag für die Brüder Zimmermann: Beide fül­len Kiste um Kiste. Am Ende sind sie zufrie­den mit der Ausbeute.

Sauber oder nicht? Langsam wird es hell, die Sonne ver­steckt sich aber noch hin­ter dem Berg. Ein Traumtag – obwohl es ziem­lich frisch ist auf dem See. Theo fischt kurz­ärm­lig. «Perfekt», schwärmt er. Doch selbst wenns reg­net, macht ihm das nichts aus. «Nur der Wind ist eck­lig.» Nach rund zwei Stunden wer­den die Fische im Netz weni­ger. «Das Netz ist voll mit Algen, die Felchen schwim­men lie­ber im sau­be­ren Wasser.» Der Zugersee sei in einem guten Zustand, bes­ser als noch vor Jahren, als über­düngt wur­de. Die «Studierten» sei­en aller­dings ande­rer Meinung. «Sie sagen, der See sei zu dreckig. Wir sagen: Das stimmt nicht.»

Am lieb­sten Filet. Arthur hat am Vorabend sechs Netze aus­ge­wor­fen, Theo acht. Arthur ist also schnel­ler fer­tig. Die Brüder fischen und ver­kau­fen sepa­rat, die Infrastruktur an Land tei­len sie sich. Erst müs­sen die Fische ent­schuppt wer­den. Das geschieht mit einer Kartoffelschälmaschine. Dann wer­den Kopf und Schwanz abge­schnit­ten, der Rest kommt in die Filetiermaschine.

Arthur Zimmermann fischt bereits in der 3. Generation.
Die Felchen vor­sich­tig aus dem Netz befrei­en, dann mit einem Schlag auf die Bootskante töten.
Theo Zimmermann ist bei küh­len Temperaturen im T‑Shirt auf dem Boot. Kein Problem für den erfah­re­nen Fischer.

Mehr Wertschätzung! Gregor Smolinsky nimmt gleich vier Kilo mit in die «Sihlhalde». Die Zubereitung ist gar nicht so leicht, das rich­ti­ge Timing ist alles. «Ich gare sie nur ganz kurz unter dem Salamander. Etwa 40 Sekunden», ver­rät er. Serviert wer­den sie mit einer Beurre blanc und Salzkartoffeln. Simpel, aber per­fekt. Für den Hobby-Fischer war der Morgen mit den bei­den Berufsfischern ein Highlight. «Genial, wenn man sehen kann, wie die Produkte qua­si aus der Quelle gezo­gen wer­den. Eigentlich sind die Felchen viel zu gün­stig, wenn man den gan­zen Aufwand dahin­ter sieht. Die Wertschätzung für das Produkt fehlt häu­fig noch. Aber ich zie­he Felchen ein­deu­tig dem Wolfsbarsch vor.»

Theo Zimmermann hat ursprüng­lich mal Maurer gelernt. Fischen geht er auch noch nach der Pensionierung.
Die Felchen kom­men vor­wie­gend als Filet in die Restaurants. Auf Wunsch jedoch auch ganz.
Die Zimmermänner haben schon mit Urgrossvater Bianchi zusammengearbeitet.

Zusammenarbeit seit Jahrzehnten. Wenig spä­ter steht schon der Bianchi-Chauffeur auf der Matte. «Die mei­sten Restaurants bestel­len Felchen-Filets. Auf Wunsch lie­fern wir die Fische aber auch ganz», sagt Luca Bianchi. Ziehen die Zimmermann-Brüder beson­ders viel Fisch aus dem See, rei­che es sogar für Privatkunden. Der Fisch-Spezialist Bianchi arbei­tet schon lan­ge mit den Brüdern aus Walchwil zusam­men. Wie lan­ge genau, will Luca wis­sen. «Keine Ahnung», sagt Arthur. «Ich habe schon mit dei­nem Urgrossvater Geschäfte gemacht.»