Die Stadt der roten Krebse

Mazara del Vallo, im Westen Siziliens gele­gen, ist der Dreh- und Angelpunkt für Gambero Rosso – die roten Garnelen, um die sich Schweizer
Starchefs reis­sen. Die lecke­ren Rotbeinchen prä­gen die Stadt seit jeher.

Text Anita Lehmeier | Fotos Vincenzo Giurfida

MAZARA DEL VALLO IST FÜR die wenig­sten Touristen
erste Wahl in Sizilien. Ihr fehlt der Pomp Palermos, die
Romantik von Taormina, der Thrill von Corleone. Die
Hafenstadt im äus­ser­sten Westen besticht nicht mit
Charme oder Schönheit, dafür aber mit Echtheit und
«mol­to gusto». Mazara soll­te eigent­lich im Wappen eine
rote Garnele tra­gen, denn hier dreht sich alles um die
berühm­ten Gambero Rosso. Der Grossteil der Fischer
– im Hafen liegt die gröss­te Trawlerflotte des Mittelmeeres
– setzt auf die edlen Krustentiere. Die roten
Krebstiere leben in Tiefen von 300 bis 800 Metern, pro
Netz holen die Trawler nur 50 bis 70 Kilo hoch, maximal
drei­mal pro Tag. Die unter­see­ischen Strömungen um
Sizilien füh­ren beson­ders viel Plankton mit, bie­ten also
ein präch­ti­ges Buffet für die «Rotbeinchen» und verleiht
ihnen die kräf­ti­ge Farbe, den zar­ten Biss und das
ein­ma­li­ge Aroma.

Die Fangtouren dau­ern meh­re­re Wochen und rei­chen bis zu den Griechischen Inseln.
Von den Mazarani sagt man, dass die mei­sten seit jeher
wie Halbwaisen auf­wach­sen, weil die Väter monatelang
auf See sind. Mazara rühmt sich als ein­zi­ge italienische
Stadt einer intak­ten Kasba, einem mus­li­mi­schen Viertel.
Hier ruft ein Muezzin zwei­mal täg­lich von der Moschee
zum Gebet, zau­ber­haf­te Wandkeramiken in den engen
Gassen erin­nern an ara­bi­sche Altstädte. In den 1970er-
Jahren kamen Hunderte Tunesier hier­her, vie­le davon
Fischer. In Mazara waren sie als tüch­ti­ge Berufsleute
herz­lich will­kom­men und tru­gen zu Ruhm und Reichtum
der Hafenstadt bei. Zahlreiche impo­san­te Paläste,
Dutzende präch­ti­ger Kirchen und die Innenstadt mit
ihren weis­sen Marmorplatten als Fahrwege und Gehsteige
zeu­gen vom Erfolg, den die Fischerei der Stadt
seit jeher bescher­ten. Es sind auch die Gambero Rosso, die
Luca Bianchi nach Mazara del Vallo brin­gen. Seine erste
„Dienstreise“ in den tie­fen Süden Italiens – «bis­her bin ich
nicht über Rom hin­aus gekom­men», erzählt Bianchi.

Zusammen mit sei­nem Cousin Dario lei­tet er seit 2021 in fünf­ter Generation das Feinkost- und Lebensmittelgeschäft, das 1881 in Zürichs Altstadt gegrün­det wur­de. Mit der Handelsfirma Ittica Sud arbei­tet Bianchi schon seit lan­gem, wie Fortunat Gregori bestä­tigt. Er ist seit 37 Jahren bei Bianchi tätig, aktu­ell als Chef-Einkäufer für Tiefkühlwaren. Also auch für die Gambero Rosso. Die wer­den näm­lich fang­frisch auf den Trawlern auf minus 50 Grad Celsius schock­ge­fro­ren. Luca Bianchi und Fortunat Gregori besu­chen also nach Ostern erst­mals ihren Lieferanten für Gambero Rosso, die Handelsfirma Ittica Sud. Deren CEO, Antonino Lo Presti, ist wie so vie­le Einheimische Spross einer Fischerdynastie. Die fami­li­en­ei­ge­nen Schiffe, dar­un­ter die «Sirio», haben die Lo Presti vor gut zwan­zig Jahren ver­kauft, um sich ganz dem Handel zuwid­men. Stolz führt der Boss die Bianchi-Zweierdelegation durch die neu erstell­ten Produktionsräume. Hier in den bit­ter­kal­ten Räumen lagern die kost­ba­ren Meeresfrüchte tief­ge­fro­ren, wie sie von den Schiffen kom­men. Hier wer­den sie in die Gebinde diver­ser Grössen gepackt, die für den Export bestimmt sind. Und hier sind Frauen am Hand-Werk, dick ver­mummt gegen die Kälte und hygie­nisch ver­packt für den Umgang mit Lebensmitteln.

Der käl­te­ste Ort in Mazara Bei 5 Grad Raumtemperatur bei
Ittica Sud ist beim Schälen der kost­ba­ren Garnelen Übung
und Sorgfalt gefragt

Sie schä­len die Gambero Rosso, die zu Carpaccio geschnit­ten und gepresst wer­den. Neben gan­zen Tieren in vier Grössen bie­tet Ittica Sud auch por­tio­nier­te Vorspeisen an wie eben Carpaccio oder Sphären aus dem knall­ro­ten Krebsfleisch. Die Bianchi-Männer dis­ku­tie­ren, ob sie die Neuheiten ins Angebot neh­men. Auch die Köpfe der Garnelen sind zu haben, für beson­ders aro­ma­ti­sche Concassen.«Das könn­te die Chefs, die Gambero Rosso bei uns bestel­len, durch­aus inter­es­sie­ren », meint Gregori und pla­ziert eine erste Bestellung. Rund vier­ein­halb Tonnen Gambero Rosso aus Mazara del Vallo kom­men jähr­lich zu Bianchi in Zufikon, davon 400 Kilo Tatar. Rund 20 Tonnen pro Jahr ver­treibt allein Ittica Sud, einer von meh­re­rer Anbietern im Garnelen-Mekka im west­li­chen Sizilien. I N MAZARA D E L VAL LO F INDET MAN die berühm­ten Garnelen natür­lich in jeder Beiz. Die Besten im ele­gan­ten «Altavilla» im Zentrum oder im rusti­ka­len «Al Pescolino d’Oro» am Lungomare. Für Baldo Margiotta, den Kapitän der «Sirio», die für Ittica Sud zur See fährt, gibts nur sel­ten Gambero Rosso – «höch­stens mal an einem Sonntag. Troppo caro» – zu teu­er, meint der Seemann, der zum Osterfest daheim war. Für ein paar Tage nur, dann heissts wie­der Leinen los, auf der Jagd nach Gambero Rosso.

Von den Mazarani sagt man, dass die mei­sten seit jeher wie Halbwaisen auf­wach­sen, weil die Väter monatelang
auf See sind. Mazara rühmt sich als ein­zi­ge ita­lie­ni­sche Stadt einer intak­ten Kasba, einem mus­li­mi­schen Viertel.
Hier ruft ein Muezzin zwei­mal täg­lich von der Moschee zum Gebet, zau­ber­haf­te Wandkeramiken in den engen
Gassen erin­nern an ara­bi­sche Altstädte. In den 1970er-Jahren kamen Hunderte Tunesier hier­her, vie­le davon
Fischer. In Mazara waren sie als tüch­ti­ge Berufsleute herz­lich will­kom­men und tru­gen zu Ruhm und Reichtum
der Hafenstadt bei. Zahlreiche impo­san­te Paläste, Dutzende präch­ti­ger Kirchen und die Innenstadt mit
ihren weis­sen Marmorplatten als Fahrwege und Gehsteige zeu­gen vom Erfolg, den die Fischerei der Stadt
seit jeher bescher­ten. E S S IND AUCH D I E Gambero Rosso, die Luca Bianchi nach Mazara del Vallo bringen.
Seine erste „Dienstreise in den tie­fen Süden Italiens – «bis­her bin ich nicht über Rom hin­aus gekommen»,
erzält Bianchi Zusammen mit sei­nem Cousin Dario lei­tet er seit 2021 in fünf­ter Generation das Feinkost- und
Lebensmittelgeschäft, das 1881 in Zürichs Altstadt gegrün­det wur­de. Mit der Handelsfirma Ittica Sud arbeitet
Bianchi schon seit lan­gem, wie Fortunat Gregori bestä­tigt. Er ist seit 37 Jahren bei Bianchi tätig, aktu­ell als
Chef-Einkäufer für Tiefkühlwaren. Also auch für die Gambero Rosso. Die wer­den nämlich
fang­frisch auf den Trawlern auf minus 50 Grad Celsius schock­ge­fro­ren. Luca Bianchi und Fortunat Gregori
besu­chen also nach Ostern erst­mals ihren Lieferanten für Gambero Rosso, die Handelsfirma Ittica Sud.

Einfach und des­halb per­fekt: Gabero Rosso kurz in der Schale gebraten.

Deren CEO, Antonino Lo Presti, ist wie so vie­le Einheimische Spross einer Fischerdynastie. Die fami­li­en­ei­ge­nen Schiffe, dar­un­ter die «Sirio», haben die Lo Presti vor gut zwan­zig Jahren ver­kauft, um sich ganz dem Handel zuwid­men. Stolz führt der Boss die Bianchi-Zweierdelegation durch die neu erstell­ten Produktionsräume. Hier in den bit­ter­kal­ten Räumen lagern die kost­ba­ren Meeresfrüchte tief­ge­fro­ren, wie sie von den Schiffen kom­men. Hier wer­den sie in die Gebinde diver­ser Grössen gepackt, die für den Export bestimmt sind. Und hier sind Frauen am Hand-Werk, dick ver­mummt gegen die Kälte und hygie­nisch ver­packt für den Umgang mit Lebensmitteln. Sie schä­len die Gambero Rosso, die zu Carpaccio geschnit­ten und gepresst wer­den. Neben gan­zen Tieren in vier Grössen bie­tet Ittica Sud auch por­tio­nier­te Vorspeisen an wie eben Carpaccio oder Sphären aus dem knall­ro­ten Krebsfleisch. Die Bianchi-Männer dis­ku­tie­ren, ob sie die Neuheiten ins Angebot neh­men. Auch die Köpfe der Garnelen sind zu haben, für beson­ders aro­ma­ti­sche Concassen.«Das könn­te die Chefs, die Gambero Rosso bei uns bestel­len, durch­aus inter­es­sie­ren », meint Gregori und pla­ziert eine erste Bestellung. Rund vier­ein­halb Tonnen Gambero Rosso aus Mazara del Vallo kom­men jähr­lich zu Bianchi in Zufikon, davon 400 Kilo Tatar. Rund 20 Tonnen pro Jahr ver­treibt allein Ittica Sud, einer von meh­re­rer Anbietern im Garnelen-Mekka im west­li­chen Sizilien. I N MAZARA D E L VAL LO F INDET MAN die berühm­ten Garnelen natür­lich in jeder Beiz. Die Besten im ele­gan­ten «Altavilla» im Zentrum oder im rusti­ka­len «Al Pescolino d’Oro» am Lungomare. Für Baldo Margiotta, den Kapitän der «Sirio», die für Ittica Sud zur See fährt, gibts nur sel­ten Gambero Rosso – «höch­stens mal an einem Sonntag. Troppo caro» – zu teu­er, meint der Seemann, der zum Osterfest daheim war. Für ein paar Tage nur, dann heissts wie­der Leinen los, auf der Jagd nach Gambero Rosso.

Roh als Tartar oder Carpaccio wohl am perfektesten!