Die Produzenten der Starchefs

Die Züri-Buntbarsche aus dem Büro-Komplex

Umami pro­du­ziert Microgreens in Zürich. In ihrem Ökosytem leben Fische, die für den Verzehr geeig­net sind.

15. Mai 2022
Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver

Komprimierte Power. Bürokomplexe sind in der Regel wenig auf­re­gen­de Orte. Schreibtische, Computer, Drucker. Mehr gibts nicht zu sehen. An der Badenerstrasse 569 in Zürich Altstetten sieht die Lage etwas anders aus. Im vier­ten Stock des Gebäudes sieht es aus wie im tro­pi­schen Regenwald. Die Pflanzen wach­sen üppig, man hört einen Bach plät­schern und hier schwim­men Fische! Es ist die Produktionsstätte von Umami. Das Start-up pro­du­ziert seit eini­gen Jahren soge­nann­te Microgreens. Dabei han­delt es sich um klei­ne Pflänzchen aus Saatgut von Kräuter und Gemüse: Radieschen, Erbsen, Senf, Koriander oder Rucola. Geerntet wird, wenn die Konzentration an Nährstoffen am höch­sten ist – und zwar von Hand.

In den Becken leben rund 3000 Fische – ganz so genau weiss es die Umami-Crew aber nicht.
m hin­te­ren Teil befin­det sich das Ökosystem, in den Regalen wach­sen die Microgreens heran.

Indoor Permakultur. Die Chefs im Land haben die Microgreens längst für sich ent­deckt, denn sie lie­fern Geschmack und Schärfe. Damit die Microgreens per­fekt wach­sen, sind sie Teil eines aus­ge­klü­gel­ten Ökosystems. «Es han­delt sich um eine Indoor Permakultur, in der Pflanzen und Tiere in Einklang leben», erklärt Oliver Conde, der ver­ant­wort­lich ist für die Infrastruktur. Das Wasser im Ökosystem ist extrem Nährstoffreich und wird für die Bewässerung des Ökosystems verwendet.

Im Ökosystem leben tro­pi­sche Pflanzen, Schnecken, Fische, Algen und Pilze.
Rund 500 Züri-Buntbarsche haben eine Grösse erreicht, die für Chefs inter­es­sant sein könnte.

Züri-Buntbarsche. In den sechs Tank schwim­men auch rund 3000 Fische, dar­un­ter die soge­nann­ten Züri-Buntbarsche. Der Buntbarsch ist ein afri­ka­ni­scher Fisch, der vor allem im Nil lebt. Die Umami-Crew hat vor Jahren mit eini­gen weni­gen Fischen gestar­tet. «Wir ver­fol­gen hier kei­ne exzes­si­ve Fischproduktion, des­halb wach­sen die Tiere sehr lang­sam», sagt Conde. Die Fische sind äus­serst nütz­li­che Bewohner der Permakultur. Sie wir­beln das Sediment auf, bewe­gen die Nährstoffe. Sie fres­sen die Pflanzen und schei­den sie wie­der aus. Die Pflanzen sind sowohl bio­lo­gi­scher als auch mecha­ni­scher Filter fürs Wasser. «Es sind wirk­lich sehr robu­ste Tiere. Sie sind nicht so lärm- und stress­emp­find­lich», sagt Conde. Auch die schwan­ken­den Wassertemperaturen zwi­schen Sommer und Winter machen den Buntbarschen nichts aus.

Umwelt-Ingenieur Oliver Conde ist für das Umami-Ökosystem verantwortlich.
Es han­delt sich um eine Indoor Permakultur, in der Pflanzen und Tiere in Einklang leben.
Luca Bianchi (links) lässt sich von Oliver Conde erklä­ren, wie die Züri-Buntbarsche hier leben.
Das Ziel: Die Microgreens von Umami sind klei­ne Vitaminbomben.

500 Stück für die Chefs. Doch auch wenn die Fische lang­sam grös­ser wer­den, irgend­wann sind sie aus­ge­wach­sen. Da kommt Delikatessenhändler Bianchi ins Spiel. Die Bianchi AG ver­treibt die Microgreens von Umami, bringt sie an die Chefs. Jetzt ist es erst­mals soweit, dass Bianchi auch die Fische von Umami ver­kau­fen kann. «Wir star­ten mit 500 Stück», sagt Luca Bianchi, der sich auf das neue Projekt freut. «Die Köche wol­len immer öfter Süsswasserfische aus der Region und fra­gen mich: Hast du mal etwas Neues? Aber in der Schweiz sind es halt immer die glei­chen fünf bis sechs Sorten. Jetzt kann ich ihnen wirk­lich mal etwas Spezielles anbieten.»

Dieser Kollege ist noch zu klein, er darf zurück ins Ökosystem.
Umami will nicht exzes­siv Fisch züch­ten, son­dern vor allem Microgreens produzieren.

Festes Fleisch, neu­tral im Geschmack. Der Buntbarsch ist eigent­lich kein sel­te­ner Speisefisch, sein Image hat wegen frag­wür­di­ger Massenzuchten in Asien aber gelit­ten. «Dabei ist es ein tol­ler Fisch. Er hat festes Fleisch, der Geschmack ist rela­tiv neu­tral. Man kann ihn bra­ten, dün­sten oder roh essen. Umami hat hier eine unglaub­lich nach­hal­ti­ge und regio­na­le Alternative geschaf­fen», schwärmt Luca, der die Bianchi AG zusam­men mit sei­nem Cousin Dario führt. Los geht es noch die­se Woche mit dem Verkauf der Züri-Buntbarsche von Umami. Ganz nach dem Motto: Es hät solangs hät.