Mauro Saro, Leiter Nachtdienst
Wie kamen Sie zu Ihrer Funktion bei Bianchi?
Zuerst arbeitete ich sieben Jahre am Tag, im Verkauf, sammelte dort viele Erfahrungen im täglichen Kontakt mit den Kunden. Eines Nachts fiel jemand aus und man hatte mich gefragt, ob ich die Nachtschichten übernehmen will.
Bis wann dauert eine Nachtschicht?
Bei uns ist ab 18.00 Uhr das Band drin. Dann geht der Verkauf nach Hause und die Bestellungen werden von den Kunden aufs Band gesprochen. Die Kunden können ja bis morgens um vier bestellen und erhalten dann die Ware am gleichen Kalendertag.
Sie bearbeiten also all diese Bestellungen, die nachts hereinkommen?
Ja, ich schreibe all diese Bestellungen auf, wobei ich gegenüber dem Tagesdienst den Nachteil habe, dass ich nicht nachfragen kann. Je genauer der Kunde bestellt, desto besser. Aber es gibt Kunden, die nicht präzise bestellen, der sagt dann vielleicht, wir sollen im Crevetten schicken, wie immer. Dann geh ich ins System und versuche herauszufinden, was „wie immer“ genau heisst. Oder einer hat mal aufs Band gesprochen „Schick mir ein Kalb und ein Rind“. Jetzt ist da nicht klar, was genau ich dem Kunden schicken soll.
Ein Kalb und ein Rind?
Ja genau. Aber ich kann den Kunden ja nicht anrufen und ihn fragen, er schläft ja nachts. Dann recherchiere ich und finde aufgrund seiner Bestellhistory heraus, was er damit meint. Das dauert manchmal, aber es ist nötig. Denn bei uns ist jeder Fehler einer zuviel.
Sind die Bestellungen denn immer repititiv? So, dass man im Zwiefelsfall auf vergangene Bestellungen zurückgreifen kann?
Gut, ich bin nun fünf Jahre nachts da. Da kennt man die Kunden und ihre Wünsche in der Regel.
Gibt es also quasi Tageskunden und Nachtkunden?
Ja, das kann man fast so sagen. Wir haben etwa 250 Bandbestellungen pro Nacht und etwa 250 Fax und Email-Bestellungen.
Dass immer noch mit Fax bestellt wird …
Viele Kleinbetriebe haben keinen Computer, die Bestellen per Fax. Das Problem ist, dass die Swisscom seit Jahresbeginn Faxe nicht mehr garantiert. Oder bei den Anrufen, dass man sie nicht immer einwandfrei versteht. Mails sind da besser, genauer. Wenn alle Bestellungen per Mail reinkommen würden, wäre das das Beste. Ich denke, die jüngere Garde ist mit Mails sowieso besser vertraut als die ältere Generation.
Die Bestellungen kommen ja kaum alle in Deutsch, oder doch?
Nein, natürlich nicht, wir haben Kunden in allen Sprachregionen. Ich spreche fliessend italienisch und französisch. Ein paar wenige kommen in englisch. Das kann manchmal sehr anspruchsvoll sein, da ich immer wieder in einer andere Sprache denken muss.
Wie lange dauert denn die Nachtschicht?
Von 19.00 Uhr bis 01.00 Uhr. Um 22.00 Uhr kommt die Auftragsbearbeitung und gibt zuerst die Email- und Faxbestellungen ins System ein und um 01.00 kommen dann meine 250 telefonisch eingegangenen Bestellungen dazu. Ich bin in der Regel um 02.00 Uhr im Bett und stehe gegen 11.00 auf. So habe ich noch etwas vom Tag.
Und was machen Sie dann?
Ich habe Familie, zwei Kinder, 19 Jahre und 17 Jahre. Und ich mache für ein paar Familien, wo die Eltern beide arbeiten, Hundesitting, gehe mit ihren Hunden raus.
Oder ich geh schwimmen, oder spiele Tennis. Wobei die meisten Leute untertags nicht spielen können, weil sie ja arbeiten, da findet sich nicht immer ein Partner. Mir gefällt dieser Rhythmus, früher, als die Kinder noch kleiner waren, habe ich sie öfters gesehen als ein Vater der zu normalen Tageszeiten arbeitet. Ich würde heute nicht mehr tauschen wollen.
Was haben Sie gemacht, bevor Sie zu Bianchi gestossen sind?
Ich habe Koch gelernt. Plus Kellner. Dann die Handelsschule und eine betriebswirtschaftliche Ausbildung. Danach habe ich zehn Jahre in der Gastronomie gearbeitet.
Diese Ausbildung schreit doch nach einem eigenen Restaurant.
Ja, das war ursprünglich meine Idee, aber irgendwie war ich nie risikofreudig genug. Und heute würde ich das sowieso nicht mehr wollen. Die Arbeitszeit ist immens, das Privatleben und meine Familie ist mir zu wichtig.
Dafür geben ihnen all diese Stationen eine grosse Sicherheit für Ihre heutige Aufgabe: Sie wissen wie Köche denken, wie Betriebe funktionieren, Sie kennen den Alltag Ihrer Kunden aus eigener Erfahrung.
Das ist sicher so. Mein Ziel jede Nacht ist es, dass wir am nächsten Tag keine Reklamationen haben.
Und klappt das immer?
Eigentlich schon, ja. Und wenn nicht, dann wird’s unmittelbar ausgebügelt.