Perfekt vernetzt:
So wird die Pouletmast «interessant»
Artikel im «Appenzeller Volksfreund», Mai 2019
von Rolf Rechsteiner
Ein Qualitätslabel, die Rückverfolgbarkeit bis auf den Hof, der ideale Vertriebspartner und ein Grosskunde, der international tätig ist – aus diesem Mix generieren Sepp und Evelyne Manser einen Teil ihres Lebensunterhalts.
Die Einladung zum Lokaltermin beim Produzenten kam aus Berlin. Das sticht ins Auge, geht es doch um die Adresse Schwendetalstrasse 54 zwischen Schwende und Wasserauen. Tatsächlich war ein Vertreter von «HelloFresh» mit einem Kamerateam angereist, um mit eigenen Augen zu sehen, wie das «Alpstein Poulet» produziert wird. Das Unternehmen versendet via Internet Kochboxen mit bewährten Rezepten und den dazu benötigten Zutaten in genau passender Menge. Der Erfolg von «HelloFresh» basiere auf dem hohen Qualitätsanspruch, sagte PR-Manager Florian Anders vor Ort. Das Misstrauen gegenüber Food aus dem Internet sei gross. Der Konsument erwarte ausnahmslos beste Zutaten. Der kleinste Fehler führe dazu, dass er abspringt. Anders ist in München aufgewachsen und lebt in Berlin, am Hauptsitz der Hello Fresh Group. Dort kenne man die Begriffe «Appenzellerland» und «Alpstein», weshalb man auf diese Einkaufsmöglichkeit aufmerksam geworden sei.
Regionale Zusammenarbeit
Ermöglicht wurde ein vertiefter Blick in die Produktionskette, die in der Brüterei in Mörschwil (Robin Geisser) beginnt und im Verarbeitungsbetrieb der Geflügel Gourmet AG in Staad endet. Vertrieb und Logistik liegen in den Händen der G. Bianchi AG in Zufikon, die auch die Schweizer Top-Gastronomie mit Geflügel beliefert. Gemeinsam haben sie die Marke «Alpstein Poulet» aufgebaut. Fünf Landwirte rund um den Säntis betreiben einen Maststall, einer davon ist der Betrieb von Sepp und Evelyne Manser.
Starke Partner im Geschäft mit dem «Alpstein-Poulet (von links): Robin Geisser, Sepp und Evelyne Manser-Fässler und Luca Bianchi. (Bild: Rolf Rechsteiner)
Hochmoderne Anlage
Es handle sich um die modernste Pouletmaststall-Variante, erklärte Robin Geisser den Besuchern. Produziert werde nach BTS-Normen, was «besonders tierfreudliche Stallhaltung» bedeutet. Die riesige Halle verfügt über eine Bodenheizung und ein aufwändiges Belüftungssystem. Tageslicht, ein natürlicher Tagesrhythmus und ab dem 21. Tag Freilauf in einem Wintergarten gehören zum Standard. Das Futter wird automatisch dosiert und zugeführt, Wasser steht über ein Selbsttränkesystem rund um die Uhr zur Verfügung. Die Halle verfügt über einen Wiegeplatz. Küken, die sich nach Zufallsprinzip dort niederlassen, liefern Referenzdaten für den Zustand der Herde; die Gewichtszunahme kann so regelmässig überprüft werden. Selbst der CO2-Gehalt der Luft wird automatisch überwacht. Sepp Manser wird vom System übers iPhone alarmiert, wenn abweichende Werte nach einer Korrektur rufen. Regelmässige Kontrollgänge gehören aber zum Tagesablauf.
Die Küken bewegen sich auf trockener Einstreu frei in der bodenbeheizten Halle. Futterautomaten und Selbsttränken garantieren den Masterfolg. (Bild: Rolf Rechsteiner)
Optimaler Fleischzuwachs
Wie eingangs erwähnt, werden die Eier in Mörschwil in riesigen Brutschränken ausgebrütet. Bevor die Küken angeliefert werden, wird der total gereinigte Stall mit frischer Einstreu (Holzpellets mit Kalkanteil) und Lockfutter, das auf Papier ausgelegt wird, versehen. «Die Bibeli sollen fürs erste fast über das Futter stolpern, bis sie mit dem Futterautomaten vertraut sind», so der Fachmann. Anders als bei der Eierproduktion leben Hähne und Hennen in der Herde. Gewicht zulegen ist ihre einzige Aufgabe. Die Fleischrasse «Ross 3o8» verwertet das Futter optimal: Für ein Kilo Poulet werden nur 1,4 kg sojafreie Futtermischung mit hohem Anteil an Rheintaler Mais verbraucht.
Im Stall der Mansers könnten 8500 Poulets gemästet werden. Dem hohen Anspruch an das Tierwohl gehorchend zählt die Herde jedoch nur 7000 Exemplare. In der zweiten Lebenshälfte werden erhöhte Plattformen angeboten, auf denen sich bevorzugt die Hennen aufhalten.
Das Leben der Poulets ist erstaunlich kurz: Sie erreichen die Schlachtreife schon nach dreissig Tagen. Dann werden sie bei Nacht in mehreren Chargen in Transportkisten verfrachtet und zur Schlachterei gebracht. Sie ist in der Lage, 2000 Poulets pro Tag zu verarbeiten.
Nur in begrenztem Rahmen zulässig
Sepp Manser betreibt die Pouletmast als zweites Standbein auf seinem Milchwirtschaftsbetrieb mit 25 Hektaren Grünfläche. Die Stallgrösse sei am Limit der Inneren Aufstockung bemessen worden. Für den Zugang zu einem Grossverteiler wäre die Kapazität zu gering. Aber mit der Wertschöpfung über die Qualität sei die Sache für ihn «interessant».
Den Stall hat er auf eigenes Risiko gebaut. Mit seinen Partnern verbindet ihn ein Vertrag, der halbjährlich kündbar ist.