Starchefs

Philippe Deslarzes, der Abenteurer des Skrei

Der Chefkoch des Njørden (Aubonne, 16/20) spricht mit uns über den Skrei-Kabeljau, des­sen Saison im Winter ihren Höhepunkt erreicht.

Text: Fabien Goubet | 31. Januar 2025

König der Kabeljaue. Es ist die Zeit des Jahres, die Kabeljau-Liebhaber bevor­zu­gen: Von Januar bis März oder April kehrt der Skrei-Kabeljau auf die Tische zurück. Er stammt aus der Leinenfischerei und ist als der „König der Kabeljaue“ bekannt.

Es han­delt sich nicht um eine spe­zi­fi­sche Fischart, son­dern um einen Kabeljau, der aus­schließ­lich im Winter gefan­gen wird. Das Wort Skrei stammt aus dem Norwegischen und bedeu­tet „Wanderer“ in Anlehnung an die Wanderung von über 1000 km, die die­ser Fisch jedes Jahr von den ark­ti­schen Gewässern zu sei­nem Laichplatz wei­ter süd­lich ent­lang Norwegens und bis zur Nordsee unternimmt.

Für Köche ist es ein begehr­tes Produkt, das manch­mal das Label „Skrei aus Norwegen“ trägt. Um die­ses Label zu erhal­ten, muss der Fisch in Norwegen mit der Langleine oder Angel gefan­gen, direkt an Bord geblu­tet und mit Meerwasser gerei­nigt wer­den. „Der Fisch muss inner­halb von vier Stunden an Land gebracht wer­den, ohne die Kühlkette zu unter­bre­chen“, erklärt Luca Bianchi, Fischverantwortlicher bei Bianchi, einem Lieferanten für die Schweizer Gastronomie. Das Zürcher Unternehmen hat bereits eine hal­be Tonne bestellt.

Zu den Kunden gehört der Chefkoch des Njørden in Aubonne (16/20), Philippe Deslarzes (gro­ßes Foto oben). Der schwei­ze­risch-schwe­di­sche Koch, neu­es Mitglied der Grandes Tables de Suisse und lei­den­schaft­li­cher Angler, weiß, wie man die­sen Fisch fängt und zubereitet.

Was macht den Skrei-Kabeljau so besonders?

Es ist ein Fisch, der in sehr kal­ten Gewässern weit im Norden lebt und sich mehr ernäh­ren muss, um sei­ne lan­ge Winterwanderung zu bewäl­ti­gen, was ihm eine bes­se­re Fleischqualität ver­leiht. Wenn man ihn fischt, sieht man sofort, dass sie viel grö­ßer sind: Einige Fische kön­nen bis zu 14 Kilo wie­gen, im Vergleich zu 5 bis 7 Kilo für im Sommer gefan­ge­ne Kabeljaue. Die Geschmacksunterschiede sind sub­til. Sein Fleisch bleibt weiß, ist aber etwas fet­ter und auch etwas saf­ti­ger als das ande­rer Kabeljaue. Seine Textur ist fester, zar­ter und das Fleisch lässt sich in Lamellen teilen.

Philippe Deslarzes (rechts) und sein Freund und Partner Victor Lequet lie­ben es, den Kabeljau zu fan­gen: hier mit ihren Fängen im Øresund in Schweden.

Skrei-Kabeljau, Variation von Grünkohl und Gelbklee, von Philippe Deslarzes.

Wann beginnt die Saison?

Die Skrei-Saison dau­ert von Januar bis April. Es han­delt sich um eine stark regu­lier­te Fischerei, um die Bestände in den Meeren zu erhal­ten. Für mich ist Januar noch etwas früh. Ich war­te lie­ber ein wenig, denn ab Februar ist er noch bes­ser. Wenn man die­ses Produkt wirk­lich liebt, war­tet man. Wir wer­den ihn ab Mitte Februar auf die Karte des Njorden set­zen. Ich fin­de es scha­de, Kabeljau das gan­ze Jahr über auf den Speisekarten der Restaurants zu sehen. Er ist so gewöhn­lich gewor­den, dass er fast belang­los ist, ein biss­chen wie Lachs. Ein wild gefan­ge­ner Kabeljau hat damit nichts zu tun! Wenn die Leute ihn pro­bie­ren, sagen sie: „Wow, das ist also ein ech­ter Kabeljau!“

Und… ist es teuer?

Nein, nicht beson­ders. Skrei bezieht sich eher auf die Saison als auf eine Qualität. Um die­se Fische zu respek­tie­ren, kau­fe ich sie ganz und ver­su­che, sie so gut wie mög­lich zu ver­wer­ten, indem ich zum Beispiel die Gräten und die Haut für Brühe und Saucen ver­wen­de. Es ist nicht ein­fach, alles zu ver­wer­ten, da der Kopf sehr groß ist und bis zu 30 % des Gewichts des Tieres aus­ma­chen kann! In den skan­di­na­vi­schen Ländern wird sogar die Zunge des Kabeljaus gekocht, die die Leute lieben.

Wie berei­ten Sie den Skrei im Restaurant zu?

Ich habe mich noch nicht ent­schie­den, wel­ches Rezept im Gourmetrestaurant ser­viert wird. Im Njord Café bevor­zugt mein Sous-Chef Olivier Alvarez eine Dampfgarung, etwas Subtiles, um den Fisch nicht zu ver­fäl­schen. Wir brin­gen Genuss mit einer cre­mi­gen, anis­ar­ti­gen Sauce und einer Zubereitung rund um den Sellerie.

Und was emp­feh­len Sie, wenn man ihn zu Hause zube­rei­ten möchte?

Ich schla­ge zwei Garmethoden vor, die je nach Lust und Laune abwech­seln kön­nen. Für maxi­ma­len Geschmack dämp­fen Sie ihn. Das ist ganz ein­fach und sorgt für ein saf­ti­ges und köst­li­ches Fleisch. Alternativ kön­nen Sie den Kabeljau in gesal­ze­ner Butter bra­ten, wie es mei­ne Mutter gemacht hat. Man bräunt ihn nur 30 Sekunden lang und lässt ihn dann bei schwa­cher Hitze in geschmol­ze­ner Butter garen. Die Butter über­deckt den Geschmack des Kabeljaus ein wenig, aber mit Salzkartoffeln und etwas Dill ist es ein ech­ter Genuss. Für mich ist das eine wah­re Madeleine de Proust!

Fotos: Victor Lequet