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Funke taucht ab! Jakobsmuscheln aus Norwegen

Blauer Himmel, eis­kal­tes Wasser: Fernsicht-Chef Tobias Funke taucht vor Norwegen nach Jakobsmuscheln.

16. Juni 2019
Text: Kathia Baltisberger Fotos: Brunner Fotografie Heiden

Blick unter die Kulisse. Tobias Funke geht auf Tauchstation. Der 16-Punkte-Chef aus der Fernsicht hat auf Sri Lanka vor einem Jahr das Tauchen für sich ent­deckt. «Eigentlich hat­te ich extrem viel Respekt vor dem gros­sen, dunk­len Unbekannten», erzählt Funke ehr­fürch­tig. Doch die Angst legt sich und der Chef fin­det Gefallen. Nicht ganz ohne Hintergedanken: «Ich schaue mir mei­ne Produzenten genau an. In der Schweiz ken­ne ich jeden, ich gehe auch mal nach Irland auf eine Rinderfarm. Aber unter Wasser war ich noch nie, obwohl wir so vie­le Nahrungsmittel aus dem Meer haben.»

Funke will ganz genau wis­sen, wie die Jakobsmuschel-Taucher arbei­ten. Also geht er selbst auf Tauchstation
Für den Tauchgang im eis­kal­ten Meer braucht es eine Spezialausrüstung.

Zufall. Tobias Funke kon­tak­tiert einen Jakobsmuschel-Taucher in Norwegen, den er aus einer TV-Dokumentation kennt. «Ich habe ein­fach mal ange­fragt, ob es eine Möglichkeit gebe, mit ihm zu tau­chen. Denn wenn mich etwas inter­es­siert, will ich mir das ver­tieft anse­hen.» Frank Ballack, ein deut­scher Auswanderer, ist ange­tan von der Idee. Per Zufall stellt sich dann her­aus: Tobias Funke ser­viert in sei­nem Gourmetrestaurant Incantare schon seit Jahren Ballacks Jakobsmuscheln. Er bezieht sie via Bianchi, dem Spezialisten für Fisch, Muscheln und Krustentiere. Genaueres wuss­te er über den Produzenten aller­dings nicht.

Frank Ballack taucht mit sei­ner Crew vor der male­ri­schen Insel Frøya.

Handarbeit. Funke reist also über Oslo und Trondheim auf die Insel Frøya. Auf einem Fischkutter fährt er mit Ballack und sei­ner Crew zu den besten Stellen für Jakobsmuscheln. Doch erst kommt der Härtetest: Das Europäische Nordmeer ist gera­de mal 8 Grad kalt. «Ich muss­te für die­se Temperaturen noch eine zusätz­li­che Prüfung able­gen», sagt Funke. Geübt hat er schon mal im Februar im Bodensee bei gera­de mal 4 Grad. Der Spezialanzug und die Vorfreude len­ken den Küchenchef von der Kälte ab. Die Jakobsmuscheln lie­gen auf dem Meeresgrund. «Am Anzug hat man ein Netz, dann sam­melt man die Muscheln von Hand ein. Eine erste Selektion pas­siert schon unter Wasser. Man nimmt nur die alten, 13- bis 15-jäh­ri­gen Jakobsmuscheln», erklärt Funke. Kleinere Muscheln, Seesterne oder Krebse flüch­ten von selbst, der Beifang ist gleich null. «Wenn das Netz voll ist, zieht das Boot es hoch. An einer Stelle haben wir so bis zu 200 Kilogramm Jakobsmuscheln gesammelt.»

Der Mitarbeiter auf dem Boot zieht den Fang vom Meeresgrund hoch.
Keine Angst vor dem dunk­len Unbekannten: Funke ist mitt­ler­wei­le ange­fres­se­ner Taucher.
Der Deutsche Frank Ballack wan­der­te vor etwa zehn Jahren nach Norwegen aus.

«Frischer gehts nicht.» Das Meer vor Norwegen ist kein Taucherparadies wie das Rote Meer oder die Südsee. Trotzdem: «Das klingt jetzt viel­leicht etwas kit­schig, aber nach dem ersten Tauchgang war ich ein­fach nur glück­lich. Das hat mich extrem beein­druckt», schwärmt Funke. Zurück an Land wer­den die Jakobsmuscheln noch­mals aus­sor­tiert – zu klei­ne gehen zurück ins Meer. Danach wer­den sie ver­packt und ver­schickt. «Frischer gehts in der Schweiz nicht. Die wer­den am Morgen getaucht und 24 Stunden spä­ter sind sie bei uns in der Küche.» Und zwar lebend. Jakobsmuscheln aus Japan oder den USA kom­men ent­we­der schock­ge­fro­ren oder begast. «Der Qualitätsunterschied ist enorm!», so Funke. So schnell hängt der Chef die Taucherflossen den auch nicht an den Nagel: «Als näch­stes schaue ich mir an, wie man nach dem Balfegó-Tuna in Spanien taucht.»

An Land müs­sen die Jakobsmuscheln noch­mals sor­tiert wer­den, die klei­nen gehen zurück ins Meer.